Mittwoch, Mai 18, 2005

10. Oktober: Kathmandu

Der Sonntag stellt glücklicherweise kein schwarzes Loch dar, es gibt wieder Programm! Gut so, ich kann ab 6:30 Uhr ohnehin nicht mehr schlafen, also her mit der Action. Am Durbar Square von Patan stürzen sich die TigerbalsamFlötenTascherltandler freudig auf uns, innert Sekunden haben sie heraus, dass wir Deutsch sprechen, und ködern uns mit „Heute billiger! Nur 10 Schillinge!“ Ich kläre sie auf, dass wir jetzt schon den Euro haben, worauf sie mit „Heute billiger, nur ein Euro!“ reagieren. Hui, da hat der Teuro zugeschlagen! Durch mein schulmeisterliches Verhalten habe ich mir aber leider ihre besondere Aufmerksamkeit zugezogen. Da hilft nur beherztes und intensives In-die-Luft-Schauen; Josefs Strategie, jemandem ein Trumm abzukaufen, um damit zu signalisieren, dass hier der Markt bereits gesättigt ist, zeitigt gegenteilige Effekte.
Das Patan-Museum ist in diesem Kontext eine Zufluchtsstätte erster Klasse. Es wurde als Projekt der österreichischen Entwicklungshilfe renoviert und kann sich sehen lassen. Vor einigen Jahren wurde es mit großem Bahnhof eröffnet, wobei es angeblich aufgrund von kleinlichen Protokollstreitigkeiten zwischen den Entouragen des damaligen nepalesischen Königs und unser aller Benito zu stundenlangen Verzögerungen gekommen sein soll. Da müssen sich zwei Operettenhauptdarsteller gefunden haben. Wie auch immer. Das Schönste am Museum ist die Atmosphäre, obwohl die Ausstellung (Ikonographie hinduistischer und buddhistischer Kunst) an sich schon sehenswert ist. Im Innenhof kann man sehr fein speisen, auch das allseits beliebte Everest-Bier wird gerne serviert. Diese Oase der Ruhe stärkt die Abwehrkräfte gegen die hängende „HelloHelloOneRupee“-Platte, die draußen sofort wieder abgespielt wird, sobald man einen Fuß auf das Pflaster setzt.
Auf dem Weg zurück bietet uns Max erneut die Gelegenheit zu kontrollieren, was mit unserem (na ja, mit meinem eher weniger...) Steuergeld hier gemacht wird. Die Renovierung des Keshamahal-Gartens ist ein aktuelles Ökohimal-Projekt; der Garten ist sehr lauschig, ich hoffe, dass er in Zukunft der nepalesischen Jugend als Hintergrund für den Austausch erster zarter Küsse dient. Vorerst wird er noch so streng bewacht, dass die sich faul vor dem Vormittagsprogramm gedrückt habenden und deswegen nachkommenden Gahli Bros. beinahe von der Wache erschossen worden wären. Aber niemand musste sterben! Außer meine Würde, als mich Lukas beim öffentlichen Labyrinthlauf deklassierte: Aus mir selbst nicht mehr zugänglichen Gründen bin ich in vollem Bewusstsein eine Extrarunde gewatschelt. Alle lachten mich aus! Wollte ich vielleicht den Moment, in dem alle Augen auf mir ruhten, publicitygeil prolongieren? Das wär’ aber gar nicht meine Art.
Und dann gibt es kein Halten mehr, das Turbotschopping in Thamel (quasi die „MaHü“ Kathmandus) kann losgehen. Zwar flasht das überwältigende Tandelwarenangebot in Kombination mit dem Nachmittagsverkehr schon sehr, ich konnte aber eine gute Leistung vorlegen. Hoffentlich ergrünt Coala, die Säulenheilige des „BüliBüliBüli-Tschoppings“, vor Neid, wenn sie diese Zeilen liest. Ich kaufe jedem, der „Austria“ nicht als „Australia“ wiederholt, etwas ab, schreckliche Summen verlassen mein Geldtascherl, bis ich endlich zurück zum Hotel schwarteln muss – eine Abendgeselligkeit mit unseren Nepalesen steht ins Haus.
Die Herren Nepali finden sich geschnäuzt und gekampelt im Hotelgarten ein und betrinken sich umgehend bereits am ersten Bier. Ich tue ihnen dies gern nach, man will ja schließlich barrierefrei miteinander reden können. Dann taucht Tenzin, Chefkoordinator von „Sunnytravels“, auf und heißt uns in einem Bus Platz nehmen. Ein nepalesisches Äquivalent zu einem Tiroler Abend wird uns versprochen. Schon während der Fahrt sind Gowa, Pasang, die beiden Mingmas, Norbu und Ningma angenehm leicht zu unterhalten, auch mein Sitznachbar Katzi ist meines Erachtens nicht mehr ganz nüchtern.
Zuerst sieht es so aus, als wolle man uns lediglich bei Volksmusik mit Bier, Rakshi und Essen abfüllen und auf unseren faulen Hintern sitzen lassen, doch dann geht plötzlich die Lutzi ab als ausgerechnet der schüchternste von allen „Buam“ anfängt, euphorisch zu tanzen. Die anderen lassen sich nicht lange lumpen, und bald schon können die professionellen Tänzer einpacken. Dazwischen werden unter intensivem Applaus wechselseitig Urkunden und Geld verliehen und immer neue Gänge & Biere herbeigetragen.


Drei Nepalesen führen traditionelle Tänze auf... Foto:Christa


Da geht Lutzi ab!Foto: Christa

Bei solchen Abenden ist es wohl wirklich am besten, wenn sie dann enden, wenn’s am schönsten ist, so erspart man sich am nächsten Morgen die Symptome der Höhenkrankheit. Der Abschied von den Nepalesen war jedenfalls sehr berührend – und das obwohl sie uns über zwei Wochen von hint und vorn bedienen mussten.

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