Mittwoch, August 31, 2005

Permanentes Berichtprovisorium: Jugoslawien revisited

Ja, ich weiß, wir schreiben mittlerweile November und mein Urlaubsbericht vom August ist immer noch nicht da. Andererseits verirrt sich hierher ohnehin keine Sau. Also was soll's.





Lesen Sie demnächst: Wie mein Primärfreund A. in Jugoslawien ins Puff ging und wie mich die Erinnerung an die Unterhaltspflicht gegenüber meinen Lesern vor dem Ertrinkungstod bewahrte.



A. geht ins Puff


Da juchzt das Urlaubspferdeköpfchen: Romantische Landschaften zaubern Gefühl ins Herz!




Hier starb Winnetou - fünf Minuten, nachdem er sich für Old Shatterhand toschießen hat lassen und im letzten Atemzug Christ geworden ist.
Fotos: MNK

Dienstag, Juli 26, 2005

Das Einkehrwochenende in Ktisch

Liebe Freunde der gepflegten Unterhaltung!

Endlich können wir wieder reden miteinander! Ich musste - auch für mich selbst überraschend - zur Einkehrwoche in die Böhmei. Was ich dort alles erlebt habe, erzähle ich, sobald es wieder regnet (also eh am Nachmittag). Einstweilen ein paar schmucke Impressionen:



Einkaufsspaß in Budweis: Der aufblasbare Panzer bricht das Eis auf jedem Kindergeburtstag!


Toter Fisch nach Ktisch: In Budweisens Pizzerias kann man auch selbstgefangene Fische prasseln lassen.



Essen muss man aber mit der Hand.

Dranbleiben lohnt sich! Lesen Sie bald, zu welch drastischen Mitteln meine Eltern greifen, um ihren Großelterntrieb zu befriedigen, wie man mit Grieskoch Stimmung zaubert und wie der Hubertussegen zahlreichen Familien das Leben rettete.

Montag, Juli 25, 2005

Der Gstieß von Ktisch

Geliebte Leserschaft in Christo!

Nachdem sich im Hexenkessel meines derzeitigen Soziallebens keine freie Minute mehr für die stille Kunst der Worte fand, musstet ihr gestern mit leeren Hirnen ins Bett, während ich vor Mitteilungswut platzte. Ob ich heute ein Ventil für mein "schablonenhaftes Gesprächsbedürfnis" (so ein wohlmeinender "Freund") finden kann? Ich muss schnell schreiben, denn ich fühle die Zeit, die das Feuer ist, in dem wir verbrennen!
Da ich weiß, wie sehr es manchen unter euch unter den Nägeln brennt, mehr von meinen spannenden Abenteuern zu erfahren, werde ich kurzfristig meine liebevoll-sorgfältige Schreibroutine zugunsten eines knallharten Publish-or-Perish-Systems hintanstellen...
Oh weh! Die Zeit! Wieder nurVorspiel statt knallharter Abenteuer! Ich muss weg! Adieu!
Ich knall euch aber vorher wieder ein paar Sachen aufs Aug, sonst werdet ihr mir untreu und sucht euch ein anderes Weblog! Am Abend gibt's Texte zum Nachdenken dazu.

Das Motto: "Katholerer finden zu sich selbst - Ein mündiger Christ werden!"


Begeisterte Christen brauchen keine Würde:


Während sich die Vatertagsnüchternbleiber für ihren Nachwuchs entwürdigen, treiben die knallharten Muttis die Drogengelder der Zweigstelle Prachatice ein.
Foto: MNK

Tschechiens Polizei ist machtlos gegen 1000 Nigerianer und 5 Österreicherinnen.
Foto: MNK

Sonntag, Juli 24, 2005

Exklusiver Gastauftritt vom Zeitgeschichtestar: Das Wunder von Ktisch

Werte Freunde der gepflegten Reiseberichterstattung und Abenteuerschnurren! Ein Wunder hat sich ereignet! Leser G. hat mir spontan und unbürokratisch in seiner Mittagspause die Hubertusgeschichte geschrieben! Da sing ich zum Dank insgeheim den "Wildschütz"!

Wie ein beherzter Weblog-Nerd fünf Jungfamilien von des Todes Schaufel schubbste


Es sollte ein unvergesslicher Familienurlaub werden. Fünf österreichische Jungfamilien verbringen ebensoviele Tage in einer Aussteigerhütte im südböhmischen Ktis, wo sie sich dem Rhythmus ihrer Kinder hingeben: schlafen, essen, trinken, spielen. Um den Erholungswert für die erwachsenen Expeditionsteilnehmer zusätzlich zu steigern, wird die perspektiven-, kinder- und arbeitslose Jungakademikerin Dominika M. angeheuert und sinnstiftend einer Aupair-Sekundärnutzung zugeführt. Was sich zunächst ob der kinderbetreuungstechnischen Jungfräulichkeit von Jungfräulein Dominika als Flop und Geldvernichtungsaktion (sie verlangt pro Betreuungsstunde ein Budweiser-Bier und pro angekackter Windel zwei) anlässt, soll sich später als lebensbejahende Weichenstellung erweisen.




Trotz der Elefanten im böhmischen Wald: Eine spontane Manifestation unmotivierten Verhaltens.
Foto: MNK


Denn: Nach wenigen Tagen der hyperpassiven Duldungsstarre und Aktionismus-Enthaltsamkeit plant die verschworene Gemeinschaft eine Landpartie, von deren verhängnisvollen Implikationen zu diesem Zeitpunkt niemand auch nur das Geringste ahnen kann. Bis an die Zähne hoch- und ausgerüstet mit freizeitstressbekämpfenden Kinder- und Sportartikeln aller Art begibt man sich auf Wanderschaft. Erster Höhepunkt: Die dislozierte Kinderwagen- und Spielzeugabteilung mutiert zum Grenzlandchor Arnoldstein und der heilige Hubertus himself delektiert sich in seiner Wald-Ubikation an den schaurig-schönen Gesängen. Spontan und unbürokratisch erteilt er trotz Mittagspause den Segen. Den wird man noch brauchen. Denn bereits auf den nächsten Metern trägt sich jenes schicksalsschwangere Ereignis zu, das nur Stunden später zum empirischen Stoff für die Mutter aller Heldensagen werden sollte.




Hier wurde der Hubertussegen erfleht, der nur wenige Minuten später dabei half, mein Leben auf die lebensbejahende Schiene zu bringen. Foto: MNK

Doch alles der Reihe nach: Beflügelt von der hubertinischen Metaphysik lustwandeln die Freunde des gepflegten Kindergeldes in locker gruppierten Formationen eine kleine Anhöhe empor, als plötzlich das Unfassbare geschieht. Das bislang nicht sonderlich auffällig in Erscheinung getretene und etwa zehn Meter hinter der Gruppe widerwillig-unmotiviert latschende Aupairmädchen Dominika (Agnostikerin und deswegen von Hubertus nicht motivierbar) bricht sich Bahn durch die dicht geschlossenen Reihen. Jungväter treten angerempelt Jungmüttern auf die Zehen, Jungmütter weinen, Kinderwägen fliegen! Was ist geschehen?
Ein Reifen der Größe X-Large hat sich von einem auf der Anhöhe arbeitenden Bagger gelöst und rast mit Höllentempo auf die Unschuldigen zu. Die nicht nur geistesgegenwärtige, sondern auch über die Maßen mutige Dominika (was würde alle Geistesgegenwart dieser Welt nutzen bei null komma Josef Risikobereitschaft) schickt sich an, ihr volles Körpergewicht dem Mordinstrument entgegenzuschleudern - wie weiland Old Shatterhand seinen Luxuskörper einem Winnetou zugedachten Projektil entgegenstellte (und dabei unglücklicherweise starb). Angestachelt von dieser Karl May-Assoziation und den süßen Ruhm vor Augen ist Dominika jedoch ein wenig übermotiviert. Ihr Tempo, mit dem sie auf den Reifen zurast, ist unangemessen hoch und so wird sie nach dem Aufprall einigermaßen weit zurückgeschleudert. Diese ungelenk wirkende Hinfälligkeit entauratisiert für kurze Zeit die Majestät des schicksalhaften Augenblickes. Einige Väter müssen sogar kurz lachen. Dies auch deshalb, weil sie nie gelernt haben, mit großen Gefühlen (Todesangst, Bewunderung, ...) umzugehen. Doch als sich Dominika wieder erhebt und die Gruppe umgehend dazu auffordert, sie als kühn posierende Reifenbezwingerin abzulichten (wieder etwas übermotiviert), schleicht sich tief empfundene Dankbarkeit in die Herzen der Erretteten.




Foto: anita


Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die Helden-Aura noch ein zweites Mal empfindlich gestört wurde. Nämlich als die Freunde unter großen Mühen nicht nur Dominika auf den Schultern trugen, sondern auch den Reifen den Berg hinauf zum Baggerfahrer zurückrollten und dieser bar jeder Rührung sinngemäß aus dem Tschechischen übersetzt sagte: "Legt ihn in den Graben" ...

Endfassung: Die wilden Tage von Ktisch mit der Bohème von Böhmen

So! Nachdem nun schon Drohmails eingelangt sind, ich möge gefälligst die Urlaubsberichterstattung einer Erledigung zuführen, muss ich jetzt wohl.

Das Ganze fing mit einer Absage an: Die Nachbarn waren mir schon seit Wochen mit dem verwegenen Ansinnen in den Ohren gelegen, ihnen im Urlaub das Aupair-Mädchen zu spielen. Dahinter steckte die doch etwas gemeine Absicht, befreundeten Jungfamilien vorzugaukeln, man könne auch mit Kindern urlauben wie früher zu Rockstarzeiten. Ich lehnte selbstverständlich ab! Bei aller geisteswissenschaftlich induzierten Sinnsuche (sprich: bei aller Gier nach sinnvoller Tätigkeit) - die Vorstellung, als verwöhnte Primarstochter eine subalterne Anstellung im Nachbarshaushalt annehmen zu müssen, trieb mir den kalten Schweiß auf die Stirn.
Ich ließ die Nachbarn also heulend und z.T. tobend zurück und ging meiner Wege. Einer davon führte mich in den Kofferraum unseres Autos, das ich meinem Mäzen zuliebe staubsaugend von den letzten Haaren unseres kurz zuvor verwichenenen Hundes befreien wollte. Nach nur wenigen Minuten übermannte mich der süße Schmerz des Gedenkens und ich begann mädchenhaft bitterlich zu weinen. Da die Tränen meine Augen trübten und der Staubsauger meine Ohren, bemerkte ich zu spät, dass sich das Auto in Bewegung gesetzt hatte. Ich wuchtete mich zur Handbremse. Auf halbem Wege musste ich erkennen, dass sich die Nachbarn heimlich unser Auto geliehen und obendrein mich entführt hatten! Dies erkennen und erneut bitterlich weinen waren eins.
So landete ich also mit leergeweinten Augen im südböhmischen Ktisch. Von den anwesenden Jungfamilien stieß sich keiner an meinem unglücklichen Los, zumal ich nicht nur die kleinen Goldbären zu umsorgen hatte, sondern auch noch als Reisereporterin, Mediatorin, Fremdwörterluder Kinderkungfu-Animatorin, Humorflitscherl und Häusldepp in Personalunion fungierte. Das alles natürlich mit mäßigem Erfolg, denn zu diesem Zeitpunkt galt für mich noch, dass aus dem Schmerz kein Scherz hervorsublimiert werden kann.
Dass man mich dann aber zwang, für jeden misslungenen Sager einhändige Liegestütz machen (ich schaffte keinen einzigen), brachte mir folgende Erkenntnis, die ich hiermit allen Lesern auf die Kopfpölster sticken möchte: Man kann auch ohne Spaß fröhlich sein!
* * *
Da war ich also ordentlich in die Bredouille geraten. Aber gegen die Wand gedrängt pflege ich einen unbändigen Freiheitswillen zu entwickeln. Fieberhaft begann ich nach Ausbruchsmöglichkeiten zu suchen. Bald schon hatte ich einen Plan: Des Nachts aus dem Zimmer stehlen (mich selbst, aber auch das Geld der Entführer), mich bis zur Moldau durchschlagen, einen Kajak rauben und dann an der Grenze um Asyl ansuchen - ich versprach mir von dieser Erfahrung als zusätzlichen Benefit einen tollen Erlebnisbericht für den "Falter" oder irgend ein anderes Gutmenschenblättchen, am besten gar einen Auftritt bei Veras "Schicksalstagen". Das würde einen enormen Auftrieb für mein Kunstwollen bedeuten.
Alles würde ganz leicht gehen: Die erwachsenen Zimmergenossen (zu allem Überdruss hatte man mich der Familie G. auch als Schlafgast zugeteilt) wollte ich mit billigem Pils abfüllen, die Kinder, sollten sie weinend anschlagen, mit tschechischer Jausenwurst besänftigen. Untertags war mir schon bei mehreren Gelegenheiten aufgefallen, dass mich die Einheimischen aufgrund meiner Rassemerkmale für eine der Ihren hielten; das würde ein immenser Vorteil sein.
Dann ging alles schrecklich schief. Die Bettwäsche, an der ich mich an der Hauswand abseilen wollte, war um eineinhalb Meter zu kurz. Ich wagte nicht loszulassen; schnell wurde mir höhenangst und bang, meine Hände lösten sich unaufhaltsam aus der Umklammerung. Während des Fallens wurde mir zudem bewusst, dass die Moldau in die falsche Richtung fließt, ich wäre also wahrscheinlich im Schwarzmeer gelandet wie dereinst meine Schwester Coala nach einem Badeunfall in der Rodl (von diesem Abenteuer wird auch einmal noch zu berichten sein).
Ich erhob mich unter Schmerzen, klopfte mir den Staub aus den Kleidern und ging ins Restaurace "Ruce" einen heben. Nach dem siebten Pils kam mir dann obendrein noch zu Bewusstsein, dass ich ja eigentlich auch durch die Tür hinausspazieren hätte können. Damit begrub ich meine Fluchtpläne.
Im Zimmer war meine Abwesenheit gar nicht aufgefallen, was mich trotz allem ein bisschen kränkte. Ich wuchtete mich mühsam auf das Stockbett und begann meine Suche nach einem Platz in Morpheus Armen - ein angesichts einer konzertierten Innviertler Sägekakophonie völlig aussichtsloses Projekt. Ich lag also noch stundenlang wach. Bei dieser Gelegenheit wurde ich auch Zeuge sehr unkonventioneller Erziehungsmethoden: Die untertags sanft und lieblich die Kinder umsorgende Mutter G. entwickelte ausgerechnet des Nachts plötzlich Prinzipien - dem wimmernd und schließlich schreiend nach ambidextrer Zuwendung flehenden Sohn ("Mit zwaaaaaaaaaaaaaaaaaa Händt!") wird nach einer Viertelstunde Flehens barsch beschieden: "Du kannst bitzeln, bis du schwarz wirst!"
Ich hatte also alle Zeit der Welt für meine Gedankengänge. Zunächst beschäftigte mich noch die Idee, eine extrem klassenkämpferische Aupairmädchen-Gewerkschaft zu gründen; bald aber tröstete mich der Geistesblitz einer neuen, erfolgversprechenden Strategie: Bedingungslose Integration.

* * *

Was wäre dazu besser geeignet gewesen, als die eben von mir und Coala gegründete Bewegung "Begeisterte Christen!" in die Herzen der in Ktisch Anwesenden zu tragen?
Man muss wissen, dass uns beiden am Wochenende zuvor ein wahrliches Pfingsterweckungsereignis widerfahren war.
Coala war die Idee gekommen, ihre wertvollen Schriftstücke bereits zu Lebzeiten dem Landesarchiv zu überlassen; sie stellte eine große Schachtel zusammen und übergab sie vertraulich unserem Nachbarn. Der dachte aber gar nicht daran, die vereinbarten 100 Jahre abzuwarten und erbrach das Siegel. So kam es, dass er ein zufällig unter Coalas Werke geratenes Dokument fand, das er sogleich an die Öffentlichkeit zerrte:

Wir nahmen unserem Nachbarn die Sache aber nicht übel, vielmehr freuten wir uns über den lieben Gruß aus fernen Kindertagen und inszenierten spontan und unbürokratisch eine kleine Gartenmesse. Da aber geschah es, dass sich plötzlich Zeichen und Wunder dartaten:



Wie Feuerzungen prasselte die Inspiration auf unsere Köpfchen herab! Wir rissen die Hände in die Höhe und riefen "Hosanna!", "Halleluja!", aber auch "Kraaaa!", denn man kann Gott mit allen Worten dieser Welt loben.
Dann begannen wir, unsere Begeisterung in die Welt hinauszutragen.


Das Menetekel vom Leitenweg.
Foto: MNK

* * *
Das alles wurde mir in meinem Stockbettchen auf dem nassgeweinten Kopfpölsterchen bewusst. Ich war getröstet und dachte vor dem Einschlafen noch: "So klappt's auch mit den Nachbarn!"
In der Tat verfolgte ich ab dem nächsten Morgen die Strategie der begeisterten Christen. Sobald jemand etwas geäußert hatte, warf ich meine Arme in die Luft und brüllte aus vollem Hals "Halleluja!" und "Lob sei dem Herrn!"
Ich muss an dieser Stelle übrigens das im Gast-Posting dem Hubertussegen zugeschriebene "Wunder von Ktisch" ein wenig rekontextualisieren: Die wunderbare Weichenstellung zum Lebens-Ja erfolgte nicht erst vor der Ktischer Waldkapelle, sondern eben daheim in Mutters Garten. Dass der Heilige Hubertus seinen Segen auf die Kindergeldbezieher und meine Wenigkeit herabstrahlen ließ, kam insofern auch nicht von ungefähr.
Durch meinen Furor religiosus war ich nun nicht nur bei der Baggerreifenaktion leicht (d.h. fast schon märtyrerhaft) übermotiviert, sondern beispielsweise auch beim Baden:


Begeisterte Christen tragen einander!
Foto: MNK
Man muss der Ehrlichkeit halber aber einräumen, dass meine skeptischen und aufgeklärten Reisekollegen einige Zeit brauchten, um meinen Sinneswandel nicht für alkoholinduziert zu nehmen. Mehr als einmal musste ich den Lieben erklären, dass man wohl auch ohne Alkohol Spaß haben könne bzw. Gefühle zeigen dürfe. Dass ich dann aber gern zwo, drei Pils konsumierte, nehme man mir bitte nicht krumm, ich bin ja auch nicht aus Beton.
* * *
So nahm der Urlaubsspaß also endlich auch für mich seinen Lauf. Lustigerweise ausgerechnet an jenem Zeitpunkt, an dem er für manche kurzfristig seinen Lauf stoppte, denn so ein sterziges, boweliges Grießkoch ist wahrlich nicht jedermanns Sache. Ich reagiere bei solchen Dingen ja mit leichtem Herzen stoisch, denn es gilt in meinem Leben: Hauptsache billig, viel und von jemandem anderen gekocht. Wenn dann auch noch kein totes Tier drin herumschwimmt, ist mir jedes Essen recht. Dass Anita und Peter kulinarisch vom gleichen Mindsetting beseelt sind, kann man im vorhergehenden Posting betrachten. Super Kompromisslösung all jener, die zwar anfangs die picksüße Plörre unkritisch in sich hineingeschaufelt hatten, dann aber unter dem allgemeinen Naserümpfen nachdenklich wurden: Die Pilsspülung.


Peter entdeckt: Grausliches wird nicht besser, wenn man neue Zutaten hinzufügt. Ein begeisterter Christ schätzt aber Gottes Gaben und isst auf!
Foto: MNK


Anita als mündige Christin beim Nachschlag.
Foto: MNK


Bei manchen drückt aber die Kulinarik auf die Stimmung. Daraus entsteht oft ein Alkoholproblem.
Foto: MNK



Ein Alkoholproblem ist der Stimmung aber mitunter förderlich.
Foto: MNK



Aufreibende Kinderbetreuung - das haut den stärksten Eskimo vom Schlitten.
Foto: anita

Mittwoch, Juni 08, 2005

Als ich einmal fast König von Nepal geworden wäre

Dass mich die alljährliche Fanreise mit Hansi Hinterseer letztes Jahr einmal ein bisschen weiter weg geführt hat, weiß die informierte Weltöffentlichkeit seit Oktober letzten Jahres (falls nicht: Überschrift anklicken und sofort nachlesen). Was sie allerdings nicht weiß: Ich wäre fast und udaungs Königin von Nepal geworden! Wie es dazu kam? So:
Der Pfauenthron wird seit 2002 vom äußerst missratenen König Gyanendra besetzt, dem nachgesagt wird, er habe 2002 seine halbe Verwandtschaft samt amtierenden Eltern (s. u.) entleiben lassen. Er stellt also nicht eben das dar, was das Volk einen Sympathieträger nennt.

Das 2002 verwichene Herrscherpaar. Foto: Standard


Im Oktober nun reiste ich also mit Hansi Hinterseer und anderen Fans u.a. nach Kathmandu. Dort begutachteten wir ein Museum. Ich war vom vorhergehenden Umrunden eines heiligen Berges rechtschaffen müde, konnte also nicht besonders lange stehen. Ich schaute mich um, und als die Luft rein war, setzte ich mich ganz geschwind ein Sekündlein hin, "to put the weight off the feet", wie der Engländer so schön sagt. Dieses vom Fuß auf den Hintern bzw. auf eine mir unverdächtig erscheinende Sitzfläche verteilte Gewicht löste aber sofort einen schrillen Alarm aus, der die Museumsaufseher dermaßen schnell an den Ort des Geschehens brachte, dass ich in meiner schwerfälligen Art noch immer dasaß, als sie einen mords Bahöö vom Stapel ließen. Ich war ein bisschen erschrocken, das kann man sich wohl vorstellen.
Die Wachen schrien herum, ich fürchtete mich also. Aber nur so lange, bis ich mich entsann, dass ich ja in den vorangegangenen zwei Wochen leidlich Nepali gelernt hatte. Sogleich verstand ich, worum es ging: Ich hatte mich versehens auf den hier zwischengelagerten Pfauenthron gesetzt! Da ich nun schon so gemütlich sitze, so die aufgeregten Nepalesen, könne man mich doch gleich krönen, dann könne der grauenhafte Gyanendra brausen gehen. Schon rannten einige von dannen und kamen bald mit den restlichen Herrschaftsinsignien (Krone, Schwert, Bobbyhelm und Schnurrbart) zurück.
Ich fand schon Gefallen an der Vorstellung, das Hindukönigreich am Fuße des Himalaya zu regieren; doch da dachte ich an euch, liebe Freunde, und mir wurde das Herz eng. Ich blies das Ganze also ab.


Probesitzen auf dem Pfauenthron. Foto: Coala

Dienstag, Juni 07, 2005

Zum Geleit!

Werte Leserschaft!

Das nun von Ihnen durchstudierte Dokument gibt Zeugnis von den Abenteuern und Erlebnissen von 14 Menschen, die es kurzfristig in der Heimat nicht mehr aushielten. Ich habe dieses Schriftsück mit Sorgfalt und Liebe gestaltet. Es sind viele Bilder drin, und alle Buchstaben des Alphabets.

Als ich Teile daraus im November 2004 zum Vortrag brachte, schien alles in Butter. Teilweise waren die Zuhörer sogar aus der Bundeshauptstadt unter großen Gefahren angereist (s. Bild.


Bezahlte die Anreise zur Lesung mit einer Rippenprellung: Juitschi. Foto: MNK


Totaaal begeisterte Zuhörer. Foto: MNK


Alle sind ganz gebannt! Foto: MNK

Ich wurde aber hoffärtig und verlor mich in Träumereien, aus denen mich die Antwort eines gewissen Herrn Unger auf mein Ansinnen, mein epochales Werk doch in den oberösterreichischen Nachrichten zu publizieren, brutal herausriss: Mein Reisebericht sei zu schnoddrig, schrieb er! Ich weinte sehr. "Ich bin doch nicht schnoddrig! Ich bin eine seriöse Akademikerin!", so dachte ich. Dann aber fasste ich wieder Mut und beschloss, die Welt auf meine Art zu beglücken. Das Ergebnis ist weiter unten zu lesen.
Als reaktion auf mein Schaffen wurde in Wien-Ottakring ein Rothaubenlkoster gegründet. Das ist doch ein viel schönerer Erfolg als ein ödes Reisefeuilleton in den popeligen OÖN!


Zwei Rothaubennonnen im Himalaya von Ottakring.
Foto: Coala
In diesem Sinne! Lesen Sie sich die Äuglein wund! Und seien sie gespannt, was ich alles mit den G.-Brothers (s. Bild) erlebt habe!


Schauen gar nicht so aus, wie sie sind: Die G-Brothers mit Opa.
Foto: MNK

Samstag, Juni 04, 2005

22. September: Kathmandu

Nach einem z.T. eher ernüchterndem Besuch in zwei Krankenhäusern habe ich beschlossen, hier nicht siech zu werden, und wenn schon, dann am Herzen, da gäb´s zumindest einen gschickten Chirurgen... Ich komme mir schon so fehl am Platz vor! Wir wenigen Nichtmediziner dürfen uns nicht zu erkennen geben, wahrscheinlich genieren sich die anderen für uns – Karl und Susi haben zumindest anständige Berufe gelernt und ausgeübt und das Ihre fürs Gemeinwohl geleistet, aber Philosophie?! oder gar Politikwissenschaften?! Ich seh’ es eh ein! Deswegen versuche ich, während der Besichtigung (Besiechtigung – hahahahaaka!) in die Rolle einer Dermatologin zu schlüpfen, die ihr Fach aus Verzweiflung über die eigenen Wimmerl am Hirn ergriffen hat.
Am Nachmittag wurde das Programm touristischer im klassischen Sinne. Die Gegend rund um die Stupa von Bodnath gilt als „Klein Tibet“, und in der Tat wird sie von allerlei malerischem Volk umrundet, im Einzelfall auch in Körperlängen, wie man es vom „Universum“ kennt und natürlich erwartet! Die wehenden Gebetsfahnen rund um die safrangelbe Stupa ergeben vor dem Hintergrund der Endmonsunwolkenkaskaden und der grünen Hügel einen Anblick, für den man sich gerne mal ein wenig länger ins Flugzeug setzt.



Bodnath.
Foto: MNK


Tempel neben der Stupa.
Foto: MNK


Fotogener Klosternachwuchs.
Foto: MNK


Die Linke hat einen Vogel.
Foto: MNK

Fast noch beeindruckender war Pashupatinath, das Heiligtum am Fluß, wo die Hindus ihre Toten verbrennen. Die Atmosphäre lässt sich am ehesten noch mit „morbid“ beschreiben, aber das trifft es nicht ganz. Durch den von den Scheiterhaufen aufsteigenden Rauch, die eindrucksvollen Tempelbauten und die Gesänge, die zu uns herüber schweben, bekommt die Szenerie etwas Unwirkliches (das ist eigentlich eine ziemlich blöde Phrase, wirklich war es ja, aber eben kein Teil der bisherigen Wirklichkeit – hui, jetzt wird’s philosophisch!).


Monsunwolken.
Foto: MNK


Pashupatinath.
Foto: MNK


Eine Totenverbrennung.
Foto: MNK


Totenverbrennung in Pashupatinath.
Foto: MNK

Die eigentlichen Herren hier sind die Affen, die schon mal ein Geldtaschl fladern und dann ihre Macht auskosten.


Im Vordergrund: Spendenbox mit Affen. Im Hintergrund: Stierhoden.
Foto: MNK


Ein Pavianarsch.
Foto: MNK


Noch einer.
Foto: MNK

Sehr charmant im Gegensatz dazu finde ich die Tatsache, dass uns die Tigerbalsamtandler hier sofort korrekt mit „Hawedehre!“ oder „Ick liebe dick!“ ködern (ich fühlte mich da besonders angesprochen). Auch fühle ich mich geschmeichelt, weil man hier meine Ohrringe noch beachtet, das gibt’s zu Hause wegen der Piercingwelle gar nicht mehr.[1]
[1] Im Nachhinein musste ich erfahren, dass das Interesse eher anderer Natur war. Zum einen haben das hierzulande die alten Frauen so, zum anderen sticht man den Mädchen erst ganz spät die Ohren, damit sie ja als Buam wiedergeboren werden – was heißt das jetzt für mich? Dass meine Eltern unbedingt wollen, dass ich im nächsten Leben einmal wirklich als Frau auf die Welt komme, mir nicht mehr so viele Turnschuach kaufe und die Haare lang lasse?
Ich lerne weiterhin jeden Tag ein paar Gsetzln Nepali, die ich dann sogleich am nächstbesten Opfer (heute war es der arme Krishna) anwende – nur um dann schnell davonzurennen, damit die anderen nicht merken, dass ich eigentlich nur seeeehr Basales kann. Vor allem Antworten sind problematisch, weil i vastehs jo ned! Ich sollte allerdings doch einmal mit dem Nachfragen anfangen, denn heute habe ich einer Kellnerin udaungs mitgeteilt, dass das Essen fett war – in der Überzeugung, dass „mothi“ „gut“ heißt; meine germanophonen Begleiter wiederum haben den Eindruck gewonnen, ich würde aus Verzweiflung über die Trennung von den Eltern schon „Mutti!“ plärren. Alle haben mich ausgelacht, ich habe einen Schaden fürs Leben erlitten.
Morgen haben wir unsere zwei Anschlussflüge nach Simikot, von wo aus wir dann losmarschieren. Hoffentlich regnet es nicht in Nepalganj (wo ich fest an Vronuela denken muss!): Uns ist nämlich Suboptimales über diesen Ort zugetragen worden, ich glaube sogar das Wort „dreckiges Kaff“ vernommen zu haben. Da der Flieger auf Sicht geflogen werden muss, könnten wir hängenbleiben. Nur nicht dran denken. Wenn es aber schön ist, sehen wir morgen schon den Himalaya.

Krishna.
Foto: MNK

Freitag, Juni 03, 2005

23. September: Kathmandu - Nepalganj - Simikot

Viel zu früh hat heute schon der Tag begonnen, außerdem batzt mein rechtes Aug; aber auch die anderen schauen um 6 Uhr nicht anders, also fad aus der Wäsche.
Am Flughafen wacht dann zumindest Max auf, da in seinem Gepäck (und an dieser Stelle werden Hausfrauen in spitze Entsetzensschreie ausbrechen) eine Flasche Rotwein (aaaaah!) in ihre Einzelteile aufgelöst wurde – es wird uns während der ganzen Wanderung ein Hauch Bordeaux umwehen. Und jeder hat wohl in seinem/ihrem tiefsten, unmoralischen Inneren gedacht „Gott sei Dank war es nicht meine Tasche!“. Also ich schäme mich an dieser Stelle ganz offiziell. Aber abgesehen davon: Warum Wein? Und warum sogar Bordeaux? Ich persönlich habe mich mit grauslichen Kräutertees und pseudoisotonischen Brausen eingedeckt – was habe ich falsch verstanden? Und hätte ich das kleine Schwarze mitnehmen sollen?
Im Flugzeug war es dann sehr exklusiv und gemütlich, vielleicht ein bisschen zu gemütlich... weil groß war’s ja nicht. Und warum bitte heißt die Fluglinie „Buddha Air“? „Fliegen Sie mit uns direkt ins Nirvana!“


Buddha Air - Fliegen Sie mit uns ins Nirvana!
Foto: MNK

Alle lachen mich aus, als ich gestehe, dass mir die Situation nicht geheuer ist, und bemühen sich, mich mit dem Bericht von möglichst waghalsigen Kleinflugzeugerlebnissen zur Inkontinenz zu bewegen. Aber ich kann es gleich vorweg nehmen: Alles ist trocken geblieben.
Der Flieger muss direkt Kathmandu überqueren, ich möchte nicht wissen, was passiert, wenn da was passiert. Nach wenigen Flugminuten tauchen am Horizont die ersten Berge auf, darunter vier 8000er, das lob ich mir.



Irgend so ein 8000er...
Foto: MNK

Nepalganj selbst liegt aber dann wieder auf Delhi-Höhe, das Klima ist dementsprechend angenehm. Der Ort präsentiert sich auf das Wunderbarste durch seine Flughafenklos, wo man das Klo-Motto „Don´t touch anything!“ mit auf die Reise bekommt. Als Entschädigung kümmert sich das Geburtstagskind von Nepalganj rührend und gschaftig um uns. An diesem Morgen hat er wohl gachgelbe Schlapfen und einen bezaubernden neuen Haarschnitt bekommen, weil er uns diese gar so stolz präsentiert. Er wachelt uns ins Gate, dann hält er uns auf, rennt hin und her und macht eigentlich gar nichts – aber er hat Geburtstag und ist deswegen sehr wichtig. Und doch: Trotz seiner rührigen Art kann er nicht verhindern, dass der Pilot befindet, wir hätten Übergewicht. Der freche Mensch geht dabei zum Beispiel davon aus, dass wir Damen je 70kg wögen! Zwar fehlt mir am wenigsten auf die 70, doch rege ich mich am lautesten auf. Schnell leert noch jeder seine Trinkflaschen aus und isst die schweren Äpfel, und auch sonst werden allerlei Gewichtsreduktionsstrategien ersonnen, aber alles für die Würscht, der Pilot bockt. Also bleiben sechs Gepäckstrümmer zurück, die beim nächsten Flug noch am gleichen Tag mitkommen sollen – sagt er.
Das Flugzeug ist noch kleiner, aber ich bin schon gaaaaanz cool. Leider nur bis zum Einsetzen des Sinkfluges, der augenscheinlich mitten in einen Berghang hinein erfolgt. Eine Landebahn ist nicht in Sicht, und dabei sähe man eh durchs Pilotenfenster. Erst als mit einem Rumpler das Flugzeug aufsetzt, nimmt man eine solche wahr. Zu meiner Überraschung ist auch diesmal die Hose trocken geblieben.


Landebahn in Simikot.
Foto: MNK

Simikot ist die Bezirkshauptstadt von Humla und hat eine überraschend hohe Einwohnerzahl. Wo verstecken sich die? Für die Kinder sind wir ein Faszinosum, blondes Haar kommt wie in jeder Kultur recht gut an, aber auch ich kann wieder mit meinen Ohren punkten. Bei näherer Betrachtung sind die Kinder nicht nur niedlich und dreckig, sondern auch ein bisschen lausig, sodass ich auf weitere Ohrenpräsentationen verzichte. Sie begleiten uns auf Schritt und Tritt, und bald zeigt sich, dass dies nicht aus reiner Zuneigung geschieht, vielmehr begehren sie mit Kulis und Zuckerl beschenkt zu werden. Dabei stimmen sie einen „Hallohallohallohallo“-Singsang an, der sich schon nach wenigen Augenblicken ins Hirn fräst.


Sie haben nichts gegen Touristen.
Foto: MNK

Während wir auf den Flieger warten, flaniere ich mit den Gahli-Brothers in den Ort, flankiert von den Lausmenscherln, die kudernd meine Ohrringe zählen und dabei immer wieder von vorne anfangen. Unter einem großen, alten Baum bekommt Florian einen feisten Zwazl in den Arm gedrückt, ich muss ihn so fotografieren, als wär’ er der Hl. Don Bosco. Dann beginnen Brutpflegehormone in ihm aufzusteigen, er fantasiert von einem Leben als Gemeindearzt von Simikot... – als er den Kleinen dann doch noch zurückgeben will, verweigern die Frauen rund um uns lachend und ich überlege schon, Muttern ein ganz besonderes Souvenir mitzunehmen.
Wie auch immer, der zweite Flieger wird an diesem Tag nicht mehr kommen – offiziell weil das Wetter zwischen Nepalganj und Simikot schlecht sein soll (es ist strahlend schön), inoffiziell weil sich heute keine gut zahlenden Touris mehr gefunden haben. Und natürlich ist mein Sack nicht dabei! Eh klar. Zu sechst müssen wir in ein Guesthouse, die anderen freuen sich schon auf die erste Nacht im Schlafsack. Das Guesthouse thront ein wenig über dem Ort und entschädigt das Nichtvorhandensein meines Zahnbiaschtls durch malerische Aussicht, dicke Decken und – tätääää! – eine heiße Dusche! Das reiben wir (naja, ich zumindest) den anderen auch mit Genuss unter die Nase.


Geht doch, oder?
Foto: MNK


Auch nicht schiach.
Foto: MNK

Das Abendessen, das erste, das uns vom Begleitteam gefeatured wird, ist üppig und sicher nur wegen mir vollständig vegetarisch. Wir speisen fein in einem Zelt, dabei werden in bester Skikurshüttenabendmanier gar lustige Schwänke zum Besten gegeben. Auffällig wurde in dieser Hinsicht Andi W.: Von den Gebrüdern G. hatte ich schon lange vor Reiseantritt gar so manchen Schabernack erwartet – ganz zu Recht. Im Gegensatz zu ihnen verrät Andi aber mit keiner verzogenen Miene seine Scherzintention: Als uns heute im Speisezelt eine Zeltbahn die Sicht aufeinander raubte, nahm er meine Hand: „Hoit des amoi gschwind!“ Erst ein, zwei Stunden später erkannte ich, dass er mich zum Besten gehalten hatte, und ließ beschämt die Zeltstange los. Und dennoch: Das ist gelebte Menschlichkeit, die schließlich in Martinas Angebot, mir ihre Zahnbürste zu leihen, kulminiert. Wenn das Professor Hübelt erführe!


In Simikot zündet man statt der Straßenlampen einfach den Himmel an.
Foto: MNK

Donnerstag, Juni 02, 2005

24. September: Simikot - Dakhlapuri

Tag der Highligen Veronika:

In der Nacht träumte ich vom mit mir das Zimmer teilenden Max, er wäre mein Turnlehrer und als solcher derart unzufrieden mit meinen Leistungen, dass ich meinen Eltern eine Nachricht zu überbringen hatte, in der er ihnen mitteilt, dass ich faul, feist und für den Laufsport völlig ungeeignet wäre. Das fängt ja gut an!
Nach dem Frühstück hört man Motorenlärm – und nach quälenden 30 Minuten kommt als allerletzter mein patscherter Packsack auf dem Rücken eines armen Trägers daher. Und dann kann’s endlich losgehen.


Aufbruch von Simikot nach dem Gepäckskrimi. Foto: MNK


Foto: Gabi

Die für heute geplante Tagestour sollte eigentlich bis Kermi (ca. 8 Stunden) führen, was aber dadurch verhindert wurde, dass unser Gepäcktross gleich auf dem ersten Pass wegen eines angeblichen Schusswechsels (tatsächlich war es ein Schusstraining der Armee) mit den Maos festgehalten wurde und erst sehr spät nachkommen konnte, wir hätten also Kermi bei Tageslicht nicht mehr erreicht. Irgendwas muss es scheinbar immer geben, sonst wär’ uns ja fad, und außerdem könnte sich Gowa, unser Alles-Checker, sonst nicht so charmant für etwas entschuldigen, wofür er gar nichts kann.


Schaut gemütlicher aus als es ist. Foto: MNK


Foto: MNK


Gaaanz viel Landschaft. Foto: MNK

Wie schön, dass wir heute, am Tag der Kräuterhighligen von Bingen, die ersten Hanfstauden sichten konnten! In der Tat wachsen diese hier wie Unkraut – das hätte Hillinger gut gefallen. Tsering, der heute unser Guide war, führte uns Unwissende auch in dieser Angelegenheit: Frisches Kraut (nur die weiblichen Pflanzen taugen was) gehört gewutzelt, aus den kleinen braunen Wutzeln in der Hand wird dann Hasch gemacht – „But I know nothing about it!“. Sehr schön auch die Reaktionen auf das Zeug: Lukas wird durch das Wutzeln high und Florian allergisch und rotäugig (eine Kifferkarriere ist damit wohl nicht ins – hahaaa – Auge zu fassen).


Überall lauern die Drogendealer! Foto: MNK

An unserem heutigen Lagerplatz in Dakhlapuri(?) hat man laut Max das Königreich verlassen und die maoistische Hochburg betreten; in der Tat tauchen nach den üblichen schokoladefordernden Gschrappen auch schon die ersten revolutionären Schnorrer auf, allerdings noch nicht die Geldeintreiber, sondern diejenigen, die hoffen, dass wir eventuell eine Goretexjoppe zu viel hätten, Keksiforderungen eine Ebene höher also. Dafür tun sie so, als ob sie beim Zeltaufstellen helfen würden und helfen dann hauptsächlich beim Suppenessen.
Wir befinden uns heute auf etwa 2735m, ziemlich genau auf der Grenze zwischen indo-arischen (bei „arisch“ sträubt sich der Tippfinger!) und tibetischen Völkern. Man kann nicht direkt sagen, dass die Leute hier Buddhisten sind, animistisch-schamanische Kulte überwiegen. Gerne hätten wir so einen Schamanen besucht, aber leider war keiner zu Hause.


Dakhlapuri. Foto: MNK

Draußen ist es jetzt sternenklar, der Mond ist am Zunehmen und leuchtet alles aufs Kitschigste aus. Dafür ist es recht frisch, laut Max haben wir aber trotzdem heute noch die wärmste Nacht vor uns. Darum sitzen wir auch im Partyzelt und führen Schmäh; glücklicherweise haben die Gahli Brothers „Hundstage“ gesehen und können einige der beliebtesten Supermärkte aufzählen. Am Ende möchte ich dann zu allen sagen, dass ich mit keiner anderen Gruppe in den letzten zwei Jahren so viele Gefühle gehabt habe wie mit dieser – aa wauns de foischn woarn.