Donnerstag, Mai 26, 2005

1. Oktober: Manasarovar-See - Einstieg zur Khora

Oiso ich muss euch sagen, letzte Nacht hab ich goa ned gut geschlafen. Diese Kälte, ich halt sie einfach nicht aus! Das heißt es wär’ schon gegangen, wenn nicht wieder die drei Flohpelze knurrend herumgelaufen wären – am Morgen pennen die drei Pelzdeppen so friedlich vor uns am Ufer als wäre nichts gewesen.


Hund vor Mandatha
Foto: MNK

Da es auch in der Früh recht frisch ist, wird der menschliche Geist erfinderisch – so schaut das modisch sehr ansprechende Ergebnis dann aus (übrigens mein letztes selbstgemachtes Bild der Reise):


Haute Couture auf höchstem Niveau (ca. 4300m).
Foto: MNK

Wir haben heute den See hinter uns gelassen und sind Richtung Kailash gezogen; das heutige Lager (4600m) liegt schon innerhalb der Khora. Auf dem Weg hierher hat sich vor der Besichtigung der Chyu-Gompa (Vogel-Kloster) die Gelegenheit für ein – huurrraa! – warmes Bad geboten. Am Fuß des Gompa-Hügels sprudeln warme Quellen aus dem Boden, über die man ein Glashaus gestülpt hat. Für 20 Yuan darf man dann, züchtig nach Geschlechtern getrennt, pritscheln was das Zeug hält. Wöööööööd.
Kurz vor Darcheng, dem letzten Ort vor unserem Lager, mussten wir uns wieder bei einem Militärposten registrieren lassen. Dort verspeiste ich vor den Augen immens interessierter Buben und Greise mein Lunch-Ei („In-den-Magen-hinein-Nachschauen“ ist eine sehr milde Beschreibung dafür) – als die Nachricht aufkam, dass man hier, mittens in der Pampa, nach Hause telefonieren kann. Hurtig begab ich mich in die Warteschlange. Man müsste das Kaff gesehen haben, um meine Verwunderung über die extrem gute Verbindung nachempfinden zu können. Zu Anfang war es mir noch, als rühre die Verzögerung bei Alois’ Antworten von den 5000 Kilometer Entfernung, dann aber stellte sich heraus, dass der Gute noch gepennt hatte (ein für Samstag Morgen, 7:30 Uhr Ortszeit, legitimes Unterfangen).

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Rund um den Kailash hat jeder Meter eine besondere religiöse bzw. historische Bedeutung, wie während des heutigen Nachmittagsspazierganges klar wurde. In der Nähe des Lagerplatzes (eine riesige Ebene, die im Mai während der Hauptpilgerzeit ein einziges Lager sein soll) kann man nicht nur die Meditationshöhle eines Bön-Zauberers und einen der etlichen noch folgenden „footprints“ Milarepas anschauen, sondern auch den Luftbestattungsfriedhof, auf dem begraben zu werden der Wunsch jedes (Tantra-) Buddhisten ist, denn von dort komme man direkt ins Nirvana. Wenn man dort etwas Physisches zurücklässt, so glauben sie, erlange man im nächsten Leben zumindest eine bessere Inkarnation. Der Ort hat für uns Westler etwas Makabres an sich, das Plateau ist mit Haaren, alten Kleidungsstücken, Knochenresten und Hackebeilen bedeckt. Eine Gruppe Tibeter sitzt neben uns und rastet; etwas weiter unten liegen Hunde, die als Hilfe bei der Bestattung gerne mal für die Geier einspringen – auch diese beiden Aktivitäten werden positiv auf dem Inkarnations-Konto verbucht.
Unterhalb des Friedhofs steht ein großer Masten, an den unzählige Gebetsfahnen gebunden sind, die im Wind knattern: durch das Licht der hinter den Bergen verschwindenden Sonne bisher wohl einer der schönsten Momente dieser Reise – wenn nur der Wind nicht so gegangen wäre, den braucht ja niemand (außer den Gebetsfahnen vielleicht)!

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