Samstag, Juni 04, 2005

22. September: Kathmandu

Nach einem z.T. eher ernüchterndem Besuch in zwei Krankenhäusern habe ich beschlossen, hier nicht siech zu werden, und wenn schon, dann am Herzen, da gäb´s zumindest einen gschickten Chirurgen... Ich komme mir schon so fehl am Platz vor! Wir wenigen Nichtmediziner dürfen uns nicht zu erkennen geben, wahrscheinlich genieren sich die anderen für uns – Karl und Susi haben zumindest anständige Berufe gelernt und ausgeübt und das Ihre fürs Gemeinwohl geleistet, aber Philosophie?! oder gar Politikwissenschaften?! Ich seh’ es eh ein! Deswegen versuche ich, während der Besichtigung (Besiechtigung – hahahahaaka!) in die Rolle einer Dermatologin zu schlüpfen, die ihr Fach aus Verzweiflung über die eigenen Wimmerl am Hirn ergriffen hat.
Am Nachmittag wurde das Programm touristischer im klassischen Sinne. Die Gegend rund um die Stupa von Bodnath gilt als „Klein Tibet“, und in der Tat wird sie von allerlei malerischem Volk umrundet, im Einzelfall auch in Körperlängen, wie man es vom „Universum“ kennt und natürlich erwartet! Die wehenden Gebetsfahnen rund um die safrangelbe Stupa ergeben vor dem Hintergrund der Endmonsunwolkenkaskaden und der grünen Hügel einen Anblick, für den man sich gerne mal ein wenig länger ins Flugzeug setzt.



Bodnath.
Foto: MNK


Tempel neben der Stupa.
Foto: MNK


Fotogener Klosternachwuchs.
Foto: MNK


Die Linke hat einen Vogel.
Foto: MNK

Fast noch beeindruckender war Pashupatinath, das Heiligtum am Fluß, wo die Hindus ihre Toten verbrennen. Die Atmosphäre lässt sich am ehesten noch mit „morbid“ beschreiben, aber das trifft es nicht ganz. Durch den von den Scheiterhaufen aufsteigenden Rauch, die eindrucksvollen Tempelbauten und die Gesänge, die zu uns herüber schweben, bekommt die Szenerie etwas Unwirkliches (das ist eigentlich eine ziemlich blöde Phrase, wirklich war es ja, aber eben kein Teil der bisherigen Wirklichkeit – hui, jetzt wird’s philosophisch!).


Monsunwolken.
Foto: MNK


Pashupatinath.
Foto: MNK


Eine Totenverbrennung.
Foto: MNK


Totenverbrennung in Pashupatinath.
Foto: MNK

Die eigentlichen Herren hier sind die Affen, die schon mal ein Geldtaschl fladern und dann ihre Macht auskosten.


Im Vordergrund: Spendenbox mit Affen. Im Hintergrund: Stierhoden.
Foto: MNK


Ein Pavianarsch.
Foto: MNK


Noch einer.
Foto: MNK

Sehr charmant im Gegensatz dazu finde ich die Tatsache, dass uns die Tigerbalsamtandler hier sofort korrekt mit „Hawedehre!“ oder „Ick liebe dick!“ ködern (ich fühlte mich da besonders angesprochen). Auch fühle ich mich geschmeichelt, weil man hier meine Ohrringe noch beachtet, das gibt’s zu Hause wegen der Piercingwelle gar nicht mehr.[1]
[1] Im Nachhinein musste ich erfahren, dass das Interesse eher anderer Natur war. Zum einen haben das hierzulande die alten Frauen so, zum anderen sticht man den Mädchen erst ganz spät die Ohren, damit sie ja als Buam wiedergeboren werden – was heißt das jetzt für mich? Dass meine Eltern unbedingt wollen, dass ich im nächsten Leben einmal wirklich als Frau auf die Welt komme, mir nicht mehr so viele Turnschuach kaufe und die Haare lang lasse?
Ich lerne weiterhin jeden Tag ein paar Gsetzln Nepali, die ich dann sogleich am nächstbesten Opfer (heute war es der arme Krishna) anwende – nur um dann schnell davonzurennen, damit die anderen nicht merken, dass ich eigentlich nur seeeehr Basales kann. Vor allem Antworten sind problematisch, weil i vastehs jo ned! Ich sollte allerdings doch einmal mit dem Nachfragen anfangen, denn heute habe ich einer Kellnerin udaungs mitgeteilt, dass das Essen fett war – in der Überzeugung, dass „mothi“ „gut“ heißt; meine germanophonen Begleiter wiederum haben den Eindruck gewonnen, ich würde aus Verzweiflung über die Trennung von den Eltern schon „Mutti!“ plärren. Alle haben mich ausgelacht, ich habe einen Schaden fürs Leben erlitten.
Morgen haben wir unsere zwei Anschlussflüge nach Simikot, von wo aus wir dann losmarschieren. Hoffentlich regnet es nicht in Nepalganj (wo ich fest an Vronuela denken muss!): Uns ist nämlich Suboptimales über diesen Ort zugetragen worden, ich glaube sogar das Wort „dreckiges Kaff“ vernommen zu haben. Da der Flieger auf Sicht geflogen werden muss, könnten wir hängenbleiben. Nur nicht dran denken. Wenn es aber schön ist, sehen wir morgen schon den Himalaya.

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