Freitag, Mai 27, 2005

30. September: Manasarovar-See

Florian und Lukas waren letzte Nacht noch leischen; bevor die beiden (angeheitert oder nicht) das mit vier anderen zu teilende Zimmer betraten, hielten sie sich gegenseitig noch an, die darin schon Schlafenden ja nicht aufzuwecken. Zu diesem Zwecke öffneten sie alle Reißverschlüsse und Schuhbänder noch draußen – mit der Folge, dass Florian Lukas (oder umgekehrt?) dann auf ebendiese trat und ihn dadurch zum Fall auf das Bett von Mutter Gahleitner brachte. Wenn zu diesem Zeitpunkt (die beiden Schwerenöter waren natürlich auch noch in lautes Gelächter ausgebrochen) noch irgendjemand geschlafen haben sollte, so wachte er/sie spätestens unsanftest durch das (absichtliche?) Hinunterwerfen einer Alutrinkfalsche auf den Betonboden (!) auf. Eitel berichteten mir die beiden selbst von ihrem groben Unfug. Welch ein Glück für mich, dass mich höchstens ein mal mehr, mal weniger dezentes Herrenschnarchen um den Schlaf brachte. Den mitten in der Nacht stundenlang bellenden Hund habe ich allerdings trotz aller Tierliebe in Gedanken hundertmal verwurschtet.

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Wir sind heute Nachmittag am in der Tat juwelenfarbenen heiligen Manasrovar-See angelangt. Wir campen direkt am Ufer; das Rauschen der Wellen und das leise Schnarchen aus einem der Nachbarzelte ergeben eine äußerst (schlaf-)anregende Klangtapete.


Unsere Jeeps. Foto: MNK


Gebetsfahnen auf dem Weg zum Manasarovarsee. Foto: MNK


Der Weg ist weiter/die Jeeps kommen später als man denkt... Foto: MNK


Foto: MNK


Unser Lager am See. Foto: MNK

Wenn ich den Kopf aus dem Zelt stecke, sehe ich den Kailash, wenn ich zurückschaue, das Gurla-Mandatha-Massiv (7730m). Ich sollte gar nicht erst versuchen, die Landschaft hier groß zu beschreiben, das bleibt wohl hinter allem zurück (wahrscheinlich genauso wie alle Fotos).


Kailash und Manasarovarsee. Foto: MNK


Raksastal (der böse Zwilling des Manasarovar). Foto: MNK


Raksastal. Foto: MNK

So sitze ich am Ufer und schaue mir die Augen aus dem Kopf, bis mich der Wind in das Zelt treibt. Ebendieser kann ganz schön kalt daherwehen, weswegen Lukas’ Heldentat, ein Bad im etwa 10° kalten See zu nehmen, von der motivationalen Seite her schwer nachzuempfinden ist. Aber er war fest entschlossen, heute morgen hat er die Hose vor mir heruntergelassen, um mir seine Hawaii-Badehose zu präsentieren (die dann aber leider nicht zum Einsatz gekommen ist).


Lukas büßt für seine Sünden im See. Foto: MNK

Vor ein paar Minuten ist die Sonne untergegangen, ein Schauspiel, das uns für einige Zeit in Bann gehalten hat.


Stupa am Manasarovarsee. Foto: MNK


Der Sonnenunterngang kann was.
Foto: MNK


Emotional mitgenommen muss ich bemerken, dass ich jetzt aber bitte schon einen Appetit hätte (Mingma nennt mich nur mehr Minki „Bog lagyo 24hrs“). ð Taraaa! Hier werden Wünsche wahr! Kaum schreibe ich dies, ertönt der Essensappell!

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Bevor ich mich der laut Max bisher kältesten Nacht anvertraue, muss ich leider noch berichten, dass die bei uns allen feststellbare besinnliche Stimmung gerade nur so lange anhält, als man See & Kailash sehen kann. Beim Essen rutscht das Niveau leider wieder auf die gewohnt niedere Ebene ab, woran stets und maßgeblich Lukas Schuld trägt, ich muss es in der Klarheit sagen. Ich selbst lache immer nur betreten. Glücklicherweise versucht Thomas dessen Ausfälligkeiten immer durch ein wenig Volkskunde auszugleichen, heute durften wir etwa erfahren, woher das Wort „Flohbeutel“ stammt. Getrübt wurde diese Aufmerksamkeit nur durch das Aufkommen eines handfesten Skandals: Er ist 45 und seine Freundin Martina nur 26! Das ist ja arg und kann auf keinen Fall gut gehen! Bald muss ich meinen Finger auf diese Wunde legen und mit den beiden ein Gespräch führen.
Was gibt es noch zu berichten? Wir haben uns heute im See getauft, Lukas firmiert ab heute unter dem schönen Namen „Katzi“, Florian muss sich etwas widerwillig „Resi“ nennen lassen, und ich werde nunmehr „Fuffi“ geheißen (warum auch immer). Mingma, der stadtbekannte Strizi, hat mir heute einen im Angesicht des heiligen Berges gefundenen Stein geschenkt, den er als „Shiva Linga“ bezeichnete – und tatsächlich schaut das Ding recht phallisch aus. Was soll man da sagen!? Ist das sexual harrassment?


Mingma mit Shiva Linga. Foto: MNK


Shiva Linga. Foto: MNK

Unser LKW-Fahrer ist übrigens ein Khampo, die früher als Räuber bekannt waren und generell als kernige Leute gelten („Oiso Buaschn wie wia!“). Er selbst ist zwar eher nicht kernig und schon gar nicht grimmig, dafür trägt er aber einen mords Dolch im Hosenbund, den er hingebungsvoll putzt. Als ich vorgebe, recht verschüchtert zu sein, freut er sich sehr.

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